Kurzgeschichten

Das Geheimnis der Zufriedenheit

 

Einmal kamen ein paar Suchende zu einem alten Meister. „Herr“, fragten sie „was tust Du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären gerne so glücklich wie du.“ Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich, und wenn ich esse, dann esse ich.“ Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Dann platzte einer heraus: „Bitte, auch wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?“

Doch es kam die gleiche Antwort. Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend, fügte der Meister nach einer Weile hinzu: „Sicher liegt auch ihr, und ihr geht auch, und ihr esst. Aber während ihr liegt, denkt ihr schon ans Aufstehen. Während ihr aufsteht, überlegt ihr, wohin ihr geht, und während ihr geht, fragt ihr euch, was ihr essen werdet. So sind eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo ihr gerade seid. – Im Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst euch auf diesen Augenblick ganz ein, und ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein.“

Zen-Geschichte aus dem Buch ‚Glück ist, was du daraus machst’

 

 

Werde ein See 

 

Ein alter Meister wurde es müde, die fortwährenden Beschwerden seines Schülers zu hören. Eines Morgens sandte er ihn, um etwas Salz zu holen. Als der Schüler zurückkam, beauftragte der Meister ihn, eine Handvoll Salz in ein Glas Wasser zu mischen und es dann zu trinken.

„Wie schmeckt es?“, frage der Meister.

„Bitter“, sagte der Schüler.

Der Meister kicherte und beauftragte seinen Schüler, dieselbe Handvoll Salz zu nehmen und es in den See zu leeren. Die beiden gingen schweigend zum nahe gelegenen See, und als sie dort ankamen, wirbelte der Schüler seine Handvoll Salz in das Wasser. Der alte Mann sagte wiederum: „Jetzt trink von dem See.“ Als das Wasser von den Wangen des jungen Mannes tropfte, fragte der Meister: „Wie schmeckt es?“

„Frisch“, sagte der Schüler.

„Schmeckst du das Salz?“, fragte der Meister.

„Nein“, sagte der junge Mann.

In diesem Moment setzte der alte Mann sich neben den ernsthaften jungen Mann und erklärte sanft: „Der Schmerz des Lebens ist reines Salz. Nicht mehr, nicht weniger. Die Größe des Schmerzes im Leben bleibt genau die gleiche. Wie auch immer, die Tiefe der Bitterkeit, die wir schmecken, hängt vom Behälter ab, in den wir den Schmerz legen. Also wenn du im Schmerz bist, ist das einzige, das du tun kannst, deine Wahrnehmung der Dinge zu erweitern. Hör auf ein Glas zu sein. Werde ein See.“

 

 

Der Reichtum des Herzens

 

Auf seiner Wanderschaft reichte ein Mönch ein Dorf und ließ sich am Dorfrand unter einem Baum nieder, um zu übernachten. Plötzlich kam ein Dorfbewohner angerannt und rief: „Der Stein! Gib mir den kostbaren Stein!“

„Welchen Stein?“, fragte der Mönch.

„Ich habe vergangene Nacht geträumt, dass ich am Dorfrand einen Mönch finden werde, der mir einen Stein gibt, mit dem ich für immer reich werde.“

Der Mönch durchwühlte seinen kleinen Vorratsbeutel und zog schließlich einen Stein hervor: „Wahrscheinlich meinst du diesen. Nimm ihn. Ich habe ihn vor einiger Zeit auf einem Feldweg gefunden.“

Staunend betrachte der Dorfbewohner den Stein. Es war ein Diamant, der in allen Farben leuchtete. Er ging nach Hause, doch er konnte die ganze Nacht nicht schlafen und wälzte sich von einer Seite zur anderen.

Am anderen Morgen stand er auf, ging zu dem Mönch und sagte: „Bitte nimm den Stein zurück. Schenk mir stattdessen den Reichtum, der es dir ermöglicht, diesen Diamanten so leichten Herzens loszulassen.“

Zen-Geschichte aus dem Buch ‚Glück ist, was du daraus machst’

 

 

Der König und seine zwei Söhne 

 

Ein König hatte zwei Söhne. Als er alt wurde, da wollte er einen der beiden zu seinem Nachfolger bestellen. Er versammelte die Weisen des Landes und rief seine beiden Söhne herbei. Er gab jedem der beiden fünf Silberstücke und sagte: „Ihr sollt für dieses Geld die Halle in unserem Schloss bis zum Abend füllen. Womit, ist eure Sache.“ Die Weisen sagten: „Das ist eine gute Aufgabe.“

 

Der älteste Sohn ging davon und kam an einem Feld vorbei, wo die Arbeiter dabei waren, das Zuckerrohr zu ernten und in einer Mühle auszupressen. Das ausgepresste Zuckerrohr lag nutzlos umher. Er dachte sich: „Das ist eine gute Gelegenheit, mit diesem nutzlosen Zeug die Halle meines Vaters zu füllen.“ Mit dem Aufseher der Arbeiter wurde er einig, und sie schafften bis zum späten Nachmittag das ausgedroschene Zuckerrohr in die Halle. Als sie gefüllt war, ging er zu seinem Vater und sagte: „Ich habe deine Aufgabe erfüllt. Auf meinen Bruder brauchst du nicht mehr zu warten. Mach mich zu deinem Nachfolger.“ Der Vater antwortet: „Es ist noch nicht Abend. Ich werde warten.“

 

Bald darauf kam auch der jüngere Sohn. Er bat darum, das ausgedroschene Zuckerrohr wieder aus der Halle zu entfernen. So geschah es. Dann stellte er mitten in die Halle eine Kerze und zündete sie an. Ihr Schein füllte die Halle bis in die letzte Ecke hinein.

 

Der Vater sagte: „Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke ausgegeben, um die Halle mit nutzlosem Zeug zu füllen. Du hast nicht einmal ein Silberstück gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt. Du hast sie mit dem gefüllt, was die Menschen brauchen.“

 

 

Warum wir im Ärger schreien

 

Ein hinduistischer Heiliger, der den Ganges besuchte, um ein Bad zu nehmen, stieß am Ufer auf eine Gruppe von Familienmitgliedern, die sich im Zorn gegenseitig anschrien. Er wandte sich zu seinen Schülern, lächelte und fragte: „Warum schreien sich Menschen im Zorn an?“

 

Seine Schüler dachten eine Weile darüber nach, dann sagte einer: „Weil wir unsere Ruhe verlieren, schreien wir uns an.“ – „Aber warum solltest du schreien, wo doch die andere Person neben dir sitzt? Du kannst ihm genauso gut sanft sagen, was du zu sagen hast“, sagte der Heilige.

 

Die Schüler gaben ein paar weitere Antworten, aber keine davon befriedigte die anderen. Schließlich erklärte der Heilige: „Wenn zwei Menschen aufeinander böse sind, entfernen sich ihre Herzen sehr weit voneinander. Um diese Distanz zu überwinden, müssen sie schreien, um den anderen zu hören. Je wütender sie sind, umso lauter werden sie schreien müssen, um den anderen noch zu verstehen und den großen Abstand zu überwinden.

Was passiert aber wenn zwei Menschen sich verlieben?

Sie schreien sich nicht an, sondern sprechen sehr sanft zueinander, weil ihre Herzen sehr nah sind. Die Distanz zwischen ihnen ist entweder sehr klein oder gar nicht existent …“

Der Heilige setzte fort: „Wenn sie sich noch mehr lieben, was passiert dann?

Dann sprechen sie nicht mehr, sondern flüstern nur mehr, und sie kommen sich noch näher in ihrer Liebe. Schließlich müssen sie nicht einmal mehr flüstern. Sie sehen sich nur an, und das ist genug. So nahe sind sich Menschen, die sich lieben.“

 

Er schaute seine Schüler an und sagte: „Also, wenn ihr streitet, lasst eure Herzen sich nicht voneinander entfernen. Sagt keine Worte, die eine Distanz zwischen euch schaffen. Sonst wird irgendwann ein Tag kommen, an dem die Distanz so groß wird, dass ihr den Weg zurück nicht mehr findet.“

 

 

„Als ich mich selbst zu lieben begann, 

 

… konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnungen für mich sind,

gegen meine eigene Wahrheit zu leben.

Heute weiß ich, das nennt man ‚Authentisch-Sein‘.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

… habe ich verstanden, wie sehr es jemanden beschämt, ihm meine Wünsche aufzuzwingen,

obwohl ich wusste, dass weder die Zeit reif, noch der Mensch dazu bereit war, auch wenn ich selbst dieser Mensch war.

Heute weiß ich, das nennt man ‚Respekt‘.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

… habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen, und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.

Heute weiß ich, das nennt man ‚Reife‘.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

… habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist – von da an konnte ich ruhig sein.

Heute weiß ich, das nennt man ‚Selbstachtung‘.

 

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann,

… habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben, und ich habe aufgehört, weitere grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen. Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude bereitet, was ich liebe und mein Herz zum Lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.

Heute weiß ich, das nennt man ‚Ehrlichkeit‘.

Als ich mich selbst zu lieben begann,
… habe ich mich von allem befreit was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst.

Anfangs nannte ich das ‚gesunden Egoismus‘, aber heute weiß ich, das ist ‚Selbstliebe‘.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

… habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt.

Heute habe ich erkannt, das nennt man ‚Einfach-Sein‘.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

… da erkannte ich, dass mich mein Denken armselig und krank machen kann, als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner.

Diese Verbindung nenne ich heute ‚Herzensweisheit‘.

Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten, denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten. Heute weiß ich, das ist das Leben!“

 

 

Charlie Chaplin an seinem 70. Geburtstag, 16. April 1959